Medizinisch-Psychologische Untersuchung
Von insgesamt circa 53 Millionen Inhabern der Fahrerlaubnis haben beispielsweise im Jahr 2014 91.536 Personen eine medizinisch-psychologische Untersuchung absolviert. Bei diesen Führerscheinbesitzern sind Zweifel an ihrer Eignung Kraftfahrzeuge zu führen entstanden, z.B. durch eine Teilnahme am Straßenverkehr mit hoher Blutalkoholkonzentration (i. A. ab 1,6 Promile) oder mit unerlaubten Substanzen (nach dem Betäubungsmittelgsetz BtmG) im Blut. Auch mehrere Auffälligkeiten unter Alkoholeinfluß mit niedrigerer Blutalkoholkonzentration als 1,6 Promille, das Erreichen von 8 Punkten im Fahreignungsregister (FAER, früher Verkehrszentralregister VZR) oder Straftaten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr können Zweifel an der Fahreignung entstehen lassen, so dass von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet wird, in der die Eignung Kraftfahrzeuge zu führen überprüft wird.
Gegen die Anordnung einer MPU gibt es zurzeit keine Rechtsmittel, diese können juristisch erst eingeleitet werden, wenn ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorliegt. Eine Änderung dieser Gesetzeslage wird aktuell diskutiert.
Wenn die Eignung Kraftfahrzeuge zu führen nicht (mehr) besteht, wird die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist festgesetzt. Mithilfe eines medizinisch-psychologischen Gutachtens entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde, ob sie die Fahrerlaubnis wieder erteilt oder nicht. Somit liegt die Entscheidung juristisch betrachtet nicht beim Gutachter, sondern bei der zuständigen Behörde, welche sich jedoch meistens dem Gutachtenergebnis anschließt.
Die MPU gibt es in Deutschland seit 1954. Die Untersuchung ist dadurch gerechtfertigt, dass bei Verkehrsteilnehmern, die im Straßenverkehr mit einer Straftat wie Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluß aufgefallen sind, eine circa 35-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht, erneut auf ähnliche Weise aufzufallen. Nach einer MPU mit günstiger Prognose (positives Ergebnis) fallen nur noch ca. 6 Prozent dieser Kraftfahrer ein zweites Mal auf, so dass man davon ausgeht, dass die MPU zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit beiträgt.
Im medizinisch-psychologischen Gutachten wird eine Prognose erstellt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der betreffende Antragsteller erneut auf ähnliche Weise wie zuvor auffallen wird. Ist die Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich hoch, gilt der Antragsteller als ungeeignet, entspricht sie wieder der durchschnittlichen Auffallenswahrscheinlichkeit, wird von einer wiederhergestellten Eignung Kraftfahrzeuge zu führen ausgegangen.
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) erhebt jährlich die Daten von allen Begutachtungsstellen für Fahreignung in Deutschland. Im Jahr 2014 haben 58,3 Prozent der MPU-Gutachten eine günstige Prognose, also ein positives Gutachten, erhalten und 35,3 eine ungünstige Prognose, also ein negatives Gutachten. Nach einer Nachschulungsmaßnahme gelten weitere 6,4 Prozent als geeignet Kraftfahrzeuge zu führen, erhalten also ebenfalls ihren Führerschein zurück.
Negative Begutachtungsergebnisse können durch eine qualifizierte verkehrspsychologische Vorbereitung verhindert werden.
Die Gutachter halten sich bei Ihrer Aufgabe, eine nachvollziehbare Prognose hinsichtlich der Fahreignung eines Kunden zu erstellen, an wissenschaftlich begründete Leitlinien: die "Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahreignung" der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und die "Beurteilungskriterien" der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und Verkehrspsychologie. Auch eine qualifizierte verkehrspsychologische Beratung findet auf der Basis dieser wissenschaftlichen Grundlagen statt. Daher ist sowohl ein Hochschulstudium der Psychologie sowie eine langjährige Erfahrung als verkehrspsychologischer Gutachter eine der Voraussetzungen für eine effektive MPU-Beratung.
In einer verkehrspsychologischen Beratung werden die individuellen Hintergründe für die Auffälligkeiten im Straßenverkehr aufgearbeitet und verändert. Damit sich neues Verhalten festigen kann, muss es über einen längeren Zeitraum von mindestens 6 Monaten erprobt werden. Darum wäre es optimal, sich gleich nach dem Entzug der Fahrerlaubnis in verkehrspsychologische Beratung zu begeben, damit innerhalb schon der Sperrfrist eine Änderung des Fahr- oder Konsumverhaltens erfolgen und erprobt werden kann. Das heißt nicht, dass möglichst viele Sitzungen in dem Zeitraum erfolgen müssen, sondern dass nach Abschluss der Beratungen noch genug Zeit ist, um neues Verhalten im Alltag anzuwenden.
Zur Vertiefung der Hintergründe und zum Ablauf der MPU lesen Sie bitte den unter Links aufgeführten Artikel (Wikipedia) und die Informationen der Bundesanstalt für Straßenwesen BaSt.